DE

Verschwundene Dörfer

In diesem und im letzten Schuljahr haben sich Schülerinnen und Schüler aus Prag und Lappersdorf aufgemacht, um die verlorenen Dörfer in der Region Bayerischer Wald/Český les zwischen unseren beiden Nachbarländern zu erkunden. Unter Anleitung der betreuenden Lehrer, Herrn Kufner und Frau Heil (Gymnasium Lappersdorf ), Herrn Krátký und Herrn Kistler (DSP), haben wir uns daher im Laufe des Jahres 2018 fünfmal getroffen – zweimal in Waldmünchen, einer Stadt an der deutsch-tschechischen Grenze, zweimal in Prag und einmal in Lappersdorf.

verschwundene dorfer

Wir erkundeten die verlorenen Dörfer, die die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zurücklassen mussten. Diese Dörfer sind heutzutage größtenteils unbesiedeltes Gebiet, viele von ihnen sind über Straßen nicht erreichbar. Deshalb beschlossen wir, diese Orte zu finden und mit dem Fahrrad oder zu Fuß dorthin zu fahren. Unsere Trails werden über eine Karte und eine interaktive Anwendung zur Verfügung gestellt. Die Orte im bayerisch-tschechischen Grenzgebiet waren im Einzelnen Plöß (Pleš), Wenzelsdorf, Bügellohe, Ronsperg (Poběžovice) und Grafenried. Da die Orte in teils schwer zugänglichem Gebiet liegen, entschlossen wir uns, dorthin mit Fahrrädern zu fahren und unsere Wege per GPS zu dokumentieren und danach der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dabei stellte sich heraus, dass es ganz schön mühsam sein kann, über nicht beschilderte Wege und verwachsen Pfade zu fahren, und dass man manchmal auch die Räder tragen musste. Am Ende des Tages waren die meisten froh, wieder in der Jugendherberge in Waldmünchen angekommen zu sein.

verschwunden dorfer 3

Darüber hinaus führten unsere Schüler Interviews mit ehemaligen Bewohnern dieser Dörfer. Dafür besuchten sie sie im Altersheim Waldmünchen oder trafen sie an den historischen Orten und interviewten sie. So konnten wir uns selbst ein Bild über die problematische Nachkriegsgeschichte machen, das sich nicht nur aus Wissen von Geschichtsbüchern zusammensetzt, sondern durch hautnahe Erfahrungen ergab.

Wir involvierten verschiedene Experten, z. B. Architekten, die versuchten, ehemalige Häuser zu skizzieren und Holzkonstruktionen zu errichten, um die alten Dörfer wieder sichtbar zu machen. Die Dokumentation unseres Projekts finden Sie auf unserem Blog: https://blog.gymlap.de. Auf dieser Seite finden sich noch mehr relevanten Foto- und Videoberichte.

Ein Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks kam und dokumentierte unsere Arbeit für einen Bericht in der Abendschau.

Nach diesen Feldstudien kamen die Schüler aber auch wiederholt in Prag und Lappersdorf zusammen, um Ergebnisse zu besprechen, zu ordnen und schließlich in einer zweisprachigen Präsentation zusammenzufassen und einen Flyer zu erstellen, der zukünftigen Gruppen dazu dienen soll, die Wege nachzufahren und die Geschichte der Gegend selbst zu erkunden. Die Routen sind auch per GPS nachvollziehbar (Näheres dazu auf: www.blog.gymlap.de). Ein schöner Nebeneffekt war, dass die Schülerinnen und Schüler sich so besser kennenlernen konnten und am Ende des Projekts Freunde geworden sind, die sich auch so noch privat besuchen kommen.

Darüber hinaus wurden die Schüler über europäische Themen informiert und in der Medienherstellung von Referenten unterstützt sowie in Vorträgen in ihrer Berufsfindung weitergebracht.

verschwunden dorfer 2Eine abschließende Präsentation des gesamten Projekts fand Anfang 2019 in Prag statt, standesgemäß in der „Repräsentanz des Freistaats Bayern in der Tschechischen Republik“. Nach der Begrüßung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, des Stellvertretenden Schulleiters Herrn Beyer, des Leiters der Hanns-Seidel-Stiftung in Prag, Herrn Kastler, und der verantwortlichen Lehrkräfte Fr. Heil, Hr. Kufner (Gymnasium Lappersdorf ) und Hr. Kistler (DSP) durch den stellvertretenden Leiter der Bayerischen Repräsentanz Herrn Vickers stellten Janick, Moritz und Sabeshni aus Lappersdorf sowie Felix, Jiří und Anna aus Prag die Ergebnisse des Projekts vor. Es wurde die mitunter schmerzhafte Geschichte von Zeitzeugen erzählt, Überreste von verlassenen Dörfern wurden besichtigt und mit Ausgräbern gesprochen. So wurde den meisten Schülern die Bedeutung der Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg zum ersten Mal erst richtig bewusstgemacht.

Insgesamt waren an dem Projekt diverse Institutionen und Förderer beteiligt (u. a. Deutsch-tschechischer Zukunftsfonds, Bayerisches Ministerium für Kunst und Kultus, Hanns-Seidel-Stiftung), denen am Ende herzlich gedankt wurde, so dass die Kosten dieses Projekts von insgesamt ca. 25 000 Euro aufgebracht werden konnten.

Am Ende waren sich alle einig, dass man unbedingt mit anderen Schülern die nun erprobten Wege per Fahrrad nachfahren müsse, um so diese Geschichte der beiden Länder besser kennenzulernen und gemeinsam grenzüberschreitend aktiv zu sein.