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Zeitzeugengespräch: Doris Grozdanovičová

Nicht alle Tage erhält man eine solche Gelegenheit: eine Zeitzeugin des Holocausts zu erleben und mit ihr über die schrecklichen Verhältnisse im Konzentrationslager Theresienstadt zu sprechen. Doch dank der Vermittlung von Frau von Schilling wurde es allen Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums der DSP ermöglicht, Frau Doris Grozdanovičová an zwei Tagen in der Aula zu lauschen und ihr im Anschluss alle nur erdenklichen Fragen zu stellen.

Doris Grozdanovičová wurde 1926 als Doris Schimmerling geboren, lebte mit ihren Eltern in Brünn bis zum Einmarsch der Nationalsozialisten 1939 und ging dort auf ein Gymnasium. Mit der Ankunft der neuen Machthaber änderte sich ihr Leben schlagartig, sie war, wie alle Juden, verpflichtet den Judenstern zu tragen und durfte nicht mehr zur Schule gehen. Im Januar 1942 schließlich wurde sie mit ihrer Familie nach Theresienstadt gebracht, wo ihre Großmutter kurz darauf starb, wenig später auch ihre Mutter. Unter dramatischen Umständen überlebten lediglich ihr Bruder und sie den Horror des Nationalsozialismus und konnten danach ein neues Leben in der Tschechoslowakei beginnen.

grozdanovicova doris terezin1Frau Grozdanovičová erzählte den unterschiedlichen Schülergruppen auf Tschechisch und Deutsch, wie sie im Lager Theresienstadt die Schafe hütete, wie sie unter schwierigsten Bedingungen lebte, im Winter unter Frostbeulen litt, eine Hepatitis-Erkrankung überstand und permanent Hunger zu leiden hatte. Entscheidend für ihr Überleben war aber die Arbeit mit der Schafherde, die ihr Ablenkung verschaffte, sie abhärtete und ihr relative Unabhängigkeit im Lagerleben brachte.

Besonders in der Beantwortung der Fragen der Schülerinnen und Schüler kamen Details zur Sprache, wie Juden im Lager Theresienstadt durch das SS-Wachpersonal behandelt und gequält wurden bis hin zur Verschleppung und Ermordung in Auschwitz – wie auch ihr eigener Vater. Nur knapp entkam sie selbst diesem Schicksal. Frau Grozdanovičová verstand es, den Oberstufenschülern genauso wie den Schülern aus der 5. Klasse nahezubringen, dass man diese Zeit der Diktatur und des Unrechts niemals vergessen dürfe und daraus für die Zukunft lernen müsse.

Am Ende dieser zwei Tage waren alle zutiefst beeindruckt von „Frau Doris“ – so wollte sie von den Schülern genannt werden. Die heute 93-jährige hatte alle mit ihrer Energie und positiven Ausstrahlung in ihren Bann gezogen und nachhaltig für ein Miteinander statt Gegeneinander für Europa in der Zukunft geworben, um weiterhin in Frieden zu leben.